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Früher war alles besser – oder doch nicht?

 

„Papa erzähl doch mal wie das früher war, so als Zeitzeuge.“

 

Wir schreiben das Jahr 1990, das Jahr der Wiedervereinigung der zwei deutschen Staaten. In Thedinghausen wohnen etwa 3.000 Menschen. Es gibt einen Kindergarten mit zwei Gruppen. Krabbelgruppe? Was ist das denn? – Grundschule? Brauchen wir nicht. Im Rat der Gemeinde Thedinghausen sitzen hauptsächlich Männer, Zigarre rauchend und zur Erfrischung gibt es ein Bier im Ratssaal. Der Illmer war eine Verbindungsstraße nach Eißel ohne ein Haus, die Stettiner Straße war so gut wie nicht vorhanden, die Burgmannenstraße schon ein bisschen mehr und „TOPPE“ war ein kleiner Supermarkt, bei dem dauernd die Dachrinne von der Ecke am Eingang von unvorsichtigen LKW-Fahrern abgefahren wurde. Eingekauft wurde von 7:00 bis 13:00 Uhr und dann von 14:30 bis 18:00 Uhr – ging auch.

 

Die Brücke über die Eyter war einspurig, der Erbhof beherbergte einen Spediteur mit vielen LKWs, das Feuerwehrhaus sollte an der Bremer Straße gebaut werden. Im Ort gab es eine Post, drei Blumenläden, zwei Schlachter, das Hotel Braunschweiger Hof, ein hervorragend sortiertes Geschäft für Haushaltswaren, ein Rauchwarengeschäft, ein Reformhaus, einen Juwelier, zwei Kneipen, einen Griechen und eine Molkerei (siehe Foto). Alle tranken Thänhuser Milch (nicht homogenisiert) und den Kuchen gab’s mit Thänhuser Schlagsahne (hohes Aufschlagvolumen – lange Standfestigkeit). Wird heute noch vermisst.

 

Dann wurde angefangen zu bauen. Neue Menschen kamen nach Thedinghausen, junge Menschen mit Kindern, deren Mütter die Gleichberechtigung einforderten und eine angemessene Kinderbetreuung. Und nach und nach war doch einiges möglich, was sich die alten Ratsherren gar nicht hatten vorstellen können. Übrigens: Mit dem Bus nach Bremen zu kommen war auch damals schon einfacher als nach Achim.  Der Schreiber fragt sich, welche Beharrungskräfte es da gibt, logisch ist das nicht.

 

Tja so war das, hat sich doch etwas geändert. In dreißig Jahren können wir dann noch einmal schauen, was aus unserer Gemeinde geworden ist. Somit: Es ist nicht alles schlecht wie es war und es ist nicht alles schlecht wie es heute ist. Da kann jeder einmal für sich drüber nachdenken.

 

Dirk Jacobs